Der Bart und seine Kultur – eine kleine Einführung in die Geschichte des Bartkults
Jeder dritte Mann in Deutschland trägt ihn, jede zweite Frau findet ihn sexy – den Bart. Seit jeher gilt ein gepflegter Bart als Zeichen von Macht, Stärke und Dominanz. Im Laufe der Jahrtausende gerieten Bärte zwar immer mal wieder aus der Mode – doch kein Trend schaffte es, sie ganz aus den Männergesichtern verschwinden zu lassen. Heute feiert der Bart ein imposantes Comeback, besonders was Vielfalt, Form und Länge betrifft. Denn der Bart, so haben Psychologen herausgefunden, unterstreicht die Persönlichkeit, verdeckt so manche Unebenheiten und verleiht einem Mann Charakter. Und haben nicht fast alle großen Männer der Geschichte auch einen großen Bart gehabt?
Der Bart in der Jungsteinzeit- der Königsbart der Ägypter
Die frühen Ägypter setzten vor mehr als 6000 Jahren erste Trends in Sachen Bartmode. Der phallusartige Zeremonien-Bart war allerdings eine künstliche Attrappe und nur den Pharaonen (deswegen auch Pharao Bart genannt) vorbehalten. Er galt als Zeichen omnipotenter Männlichkeit, was die weiblichen Pharaonen nicht davon abhielt, ihn ebenfalls zu tragen. Nachdem das Pharaonen-Reich untergegangen war, hielten sich die Frauen aus der Kulturgeschichte des Bartes weitestgehend heraus. In Mode ist der Pharao-Bart übrigens nie wieder gekommen.
Auch die Griechen des Altertums hingen an ihren Bärten. Damals war ein schöner gelockter Bart so sehr mit männlichem Stolz verbunden, dass eine Rasur als Mittel der Bestrafung eingesetzt wurde. Für die großen Philosophen wie Platon und Sokrates war ein langer Bart ebenfalls ein Muss. Wären sie glattrasiert gewesen, hätte sie wohl kaum jemand für weise Männer gehalten. Doch als die Makedonier vor 2300 Jahren die Macht an sich rissen, wurde es erstmals Sitte, sich zu rasieren. Alexander der Große, der so entschlossen wie bartlos die Welt eroberte, war davon überzeugt, dass Bärte beim Kämpfen nur stören.
Die erste Bartsteuer und der Bart als Zeichen der Macht
Ob der Bart gerade Mode war, oder nicht und wenn ja, welcher, hing lange von den Geschmäckern der jeweiligen Herrscher ab. Während Heinrich IV. den Bart in Frankreich populär machte, sorgte König Ludwig XIV. dafür, dass Haare auf den Gesichtern seiner Untertanen schnell wieder verschwanden. Eine besonders krankhafte Abneigung gegen Bärte hatte der russische Zar Peter. Dessen Hass auf Gesichtsbehaarung ging sogar so weit, dass er im 17. Jahrhundert einer Bartsteuer in Russland einführte. Männer, die sich nicht von ihrem Bart trennen konnten, mussten eben zahlen. Das sorgte natürlich für zahlreiche Revolten. Dabei eignen sich Königsbärte wunderbar als Markenzeichen. In Deutschland war es Kaiser Wilhelm, dessen markant gezwirbelter Schnurrbart bei seinen Anhängern um 1900 viele Nachahmer fand. Und Abraham Lincoln wäre wahrscheinlich nie Präsident der Vereinigten Staaten geworden, hätte er sein schmales Gesicht nicht unter einem Bart versteckt. Seine typische Gesichtsfrisur wird auch heute noch „Lincoln-Bart“ genannt.
Der Bart als Zeichen der Individualität
Nicht alle berühmten Bartträger waren Herrscher. Karl Marx trug seinen Rauschebart als Zeichen der Revolution, Salvador Dali nutzte seine abstehenden Oberlippenhaare als „Antennen für göttliche Botschaften“ und die Anhänger der Flower-Power-Bewegung ließen sich einen Bart aus dem einfachen Grund stehen, weil ihre Väter dies nicht taten. Nach dem Ersten Weltkrieg galt der Bart nicht mehr als Zeichen von Herrschaft und Macht, sondern drückte – wenn er denn noch getragen wurde – Individualität und Querdenkertum aus.
Dreitagebart & Vollbart – die Entdeckung der neuen Männlichkeit
Und so wurde der Durchschnittsmann im 20. Jahrhundert zu einer weitestgehend glatten Angelegenheit. Mit der Erfindung elektrischer Rasierapparate und günstigen Wegwerfklingen wurde die tägliche Rasur zum Kinderspiel. Pflegeleicht, fit und erfolgsorientiert hatte der Mann bis in die 2000er-Jahre zu sein, was eine Bartlosigkeit mit einschloss. Doch dann betrat der verwegene Dreitagebart wieder die Bühne, der gleichzeitig eine neue Sehnsucht nach Männlichkeit und Abenteuer verkörperte. Seit knapp zehn Jahren erlebt die Gesichtsfrisur eine Renaissance. Nicht mehr Könige und Herrscher, sondern Stars wie Brad Pitt, David Beckham oder Ben Affleck setzen heute die neuen Barttrends auf den roten Teppichen dieser Welt. Der Bart ist zum Lifestyle-Accessoire geworden und auch der kernige Vollbart gilt wieder als salonfähig. Doch ob Schnauzbart, Ziegenbart, Backenbart oder gar Koteletten – der Mann von Heute entscheidet sich nicht für irgendeinen Bart, sondern für den, der zu seinem Lebensgefühl passt.
Ein Bart, der wild vor sich hin wuchert, gilt natürlich weiterhin als unfein. Besonders Vollbärte sind äußerst pflegeintensiv. Mit den neuen Haartrachten ist auch der Gang zum Barbier wieder ein beliebtes Ritual unter Männern geworden. In den Großstädten sind die klassischen Barbiersalons zurückgekehrt, die mit ihren Marmorwaschtischen und Ledersesseln so wirken, als wären sie aus alten Filmen entsprungen. Und wer einmal auf dem gemütlichen Retro-Barbierstuhl Platz genommen hat, erhält mindestens 15 Minuten Auszeit – auf die männliche Art, versteht sich. Dazu gibt es ein Bierchen und ein Fachgespräch über Whisky oder Zigarren. Dass auch immer mehr bartlose Männer sich ihrer Gesichtshaare auf die traditionelle Art entledigen lassen, ist nicht verwunderlich. Denn der Barbiersalon ist ein Ort, an dem Männer, die es sich wert sind, unter sich sein können. Wellness für echte Kerle eben.
Wo finde ich die klassischen Barbiersalons?
Exklusive Barbiere sind in Deutschland noch eher selten, aber es lohnt sich, diese zu finden und zu besuchen. David Fechner hat sich mit seinem Barber Shop in München einen Namen gemacht, wurde in der Süddeutschen Zeitung vorgestellt und für das klassische, aber sehr lockere Ambiente gelobt.
Herten: Schnipp Schnapp Barbershop
Seit 1994 gibt es den Barbershop von Robert Schott in Herten. Drei Meister/-innen und drei Geselleninnen versehen die Kunden hier mit stilvollen Rasuren und Haarschnitten. Die Einrichtung ist amerikanisch geprägt: Alte Autos, Harley-Davidsons und USA-Bilder bestimmen das Interieur.
www.ruhrpott-barbershop.deMünchen: Barber Shop by David Fechner
Von "Glatt wie ein Babypopo", der klassischen englischen Nassrasur, bis hin zum perfekten Trimm - David Fechner frisiert einen perfekten Look. Sein Barber Shop ist stilvoll eingerichtet und besticht mit seinem nostalgischen Interieur.
www.davidfechner.deNürnberg: Undercut
Der Salon von Gernot Meyer hat sich auf Rockabilly und andere außergewöhnliche Stilrichtungen spezialisiert. Haarschnitte, Haarverlängerungen und Rasuren gehören zum Programm.
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