Die Fußball-EM 2016 und ihre Spieler- und Werbestars
Fußball. Allein die Erwähnung des Wortes reicht aus, um die Herzen vieler Männer schneller schlagen zu lassen. Dabei sind es Erinnerungen an das kindliche Gekicke mit den besten Kumpels, an diverses Mitfiebern an der Frontscheibe des TV oder an das erhabene Gefühl beim Titelgewinn des absoluten Lieblingsvereins, die für den Adrenalin- und Endorphinstoß sorgen. Aber auch sie gibt es: diejenigen Kerle, die das ganze Getrete und Gerenne, bei dem der Ball oft gar nicht im Netz landet – 90 Minuten (und mehr) für nichts! – kalt lässt. Meistens jedenfalls…
Fußball-Europameisterschaften stehen nämlich auf einem ganz anderen Stück Rasen. Der kollektive öffentliche Taumel, diese „wir gemeinsam gegen den Rest“-Stimmung reißt auch die Nicht-Fans unter den Männern und Frauen mit, die sonst kopfschüttelnd über den Fußballdingen stehen und sich von vereinzelter Begeisterung eher nicht anstecken lassen. Und selbst hartgesottene Fußball-Verächter, denen die Champions League ebenso am Tor vorbeigeht wie die Bundesliga und der DFB-Pokal, können es kaum erwarten, bis der Ball wieder zwischen Deutschland und dem qualifizierten Rest Europas hin- und her- oder besser nur hingezaubert wird.
Von der Massentauglichkeit des Fußballs in gewissen, sich alle zwei Jahre (auch die WM zählt) wiederholenden Sommerperioden, wissen auch die Industrie und ihre Werbeverantwortlichen. Während so mancher Handwerksbetrieb mit seiner EM-Frikadelle oder seinem Fußball-Muffin mehr Aufmerksamkeit und Umsatz erzeugt, spielen sie mit derselben Absicht einen weitaus größeren Ball. Sie lassen gegenwärtige und künftige Fußball-Helden in ihren Spots auftreten und mit ihrem Können und Charisma für das Produkt sprechen. Ob es den Werbenden gelingt, die Begeisterungsvorlage auch bei der EM 2016 direkt in Interesse zu verwandeln? Klar! Hätten wir den Clips rund um die deutschen und internationalen Spieler und Mannschaften sonst diesen Beitrag gewidmet?
Deutschland – schon mal Werbeeuropameister
Der Weltmeister führt – wie später hoffentlich auch die Gruppen- und die Endtabelle – die Riege der Werbeträger eindeutig an. Kein anderes Team ist in den Hauptprogramm-Pausen des TV oder im Netz so präsent wie unsere Elf und die einzelnen Nationalspieler.
Mercedes-Benz lässt „La Mannschaft“ hochleben. Der Teamgeist, dass jeder für jeden auf dem Platz kämpft und einspringt und alle für uns, für das Land fighten, steht hier im Mittelpunkt.
(Mercedes-Benz spielt – weil man um die Wichtigkeit des 12. Mannes weiß – den Ball weiter und geht mit einem Autokorso aus 13 Modellen, der „Fanklasse“ https://www.fanklasse.de/#, auf schwarz-rot-goldene Jubeltour durch Deutschland.)
Auch der Commerzbank-Spot veranschaulicht, dass sich die Spieler gemeinsam den Erwartungen stellen, die durch den Erfolg der Vergangenheit gestiegen sind. Und das gemeinsame Auftreten der Fußball-Stars in einem Clip hat noch einen anderen Vorteil: Es minimiert das Risiko der werbenden Unternehmen. Die Teammitglieder können das Fehlen eines Einzelnen kompensieren, wenn seine Nichtnominierung oder sein verletzungsbedingtes Aus dazu führen, dass er bei der EM nicht spielen wird. Gibt es nur diesen einen, verhinderten Spieler als Protagonisten, ist der Spot vergeblich produziert worden.
(Auf www.commerzbank.de geht die joggende Elf außerdem für den Wechsel zum werbenden Kreditinstitut und die schnellste Art der Kontoeröffnung an den Start.)
Bestimmte Leistungsträger der deutschen Mannschaft, bei denen die Gefahr der Nichtnominierung gar nicht erst besteht, sind das Risiko aber offenbar mehr als wert. Auch sind sie so bekannt, dass ein Spot wohl auch ohne ihren Einsatz bei der EM funktionieren würde.
Bastian Schweinsteiger etwa – DFB-Kapitän, Führungsspieler und Leitbild für die Nationalelf-Rookies – mimt auch im Videospiel-Video den Anführer, dem die Soldaten in den Kampf folgen. Nur vor einem finsteren Gesellen auf seinem Schlachtross, der die Reihen vor sich nur so niedermäht, muss er dann doch zurückweichen…
Thomas Müller, die personifizierte Torgefahr, kocht vor dem Gegner erst mal die Nudeln weich oder lieber al dente und erntet ein „Bravo!“ von seiner Frau, die anscheinend alles sagen würde, damit sie nicht mit ihm nach Italien muss.
(Fotogene Barilla-Genießer dürfen mit ein wenig (Tor-)Glück hautnah dabei sein, wenn der Stürmer und seine Frau Nudeln essen https://www.barilla-bravo.de/.)
Während Schweinsteiger außerdem für Chips und Kopfhörer wirbt und Müller auch für die Auswechslung eines Rasierers vor der Kamera steht, hat Deutschlands Nummer 1 auch jenseits seines Kastens alle Hände voll zu tun. Nicht nur im neusten Werbefeldzug für die zuckerfreie Variante des berühmtesten zuckerhaltigen Koffeingetränks hat er eine Doppelrolle. Bei Adidas und Canyon zeigt er, dass er nicht nur im Tor, sondern auch auf dem Bike performen kann.
(Wer möchte nicht gern ein Rad wie es Manuel Neuer fährt? Für all diejenigen, die exakt dasselbe Modell schießen wollen, hat Canyon jedes Ausstattungsdetail aufgelistet https://www.canyon.com/experience/news/article.html?id=1800.)
England – die Invasion der ewigen Geheimfavoriten
Die Engländer haben bei dieser Europameisterschaft endlich mal die Gelegenheit, den kurzen Weg ins Gastgeberland zu nutzen. Und das machen sie auch. Sie schwimmen, paddeln und rudern durch den Ärmelkanal und landen… Nein, nicht auf dem Mars, sondern mit Mars‘ Hilfe an der französischen Küste und vor den Füßen eines konsternierten Franzosen, der von den einmarschierenden Raubrittern sogleich auf Italienisch begrüßt wird. Unter den Invasoren sind neben Fußballanhängern, Fernsehkommentatoren und Platzwarten sowie der fanhandschuhbewehrten Queen und ihren fliegetragenden Corgis auch die Three Lions-Recken Harry Kane, Jamie Vardy und Danny Welbeck. Ein herzliches „Buongiorno!“
Österreich – wie eine Bank hinter der Mannschaft
Anders als die deutsche Mannschaft, die im Commerzbank-Spot für sich steht und versucht, den spürbaren Erwartungsdruck der erfolgsgewohnten Deutschen in neue Titelenergie zu verwandeln, bekommt der österreichische Kader im Video Unterstützung aus allen Teilen der Bevölkerung und allen Ecken des Landes. Egal ob elegante ältere Damen mit Handtasche, Oberkellner mit einer Wiener Melange auf dem Tablett, Bauern mit Mistgabeln und unter Traktoren oder FC Bayern-Verteidiger – alle kicken und hoffen mit.
Spanien – der kleine Unterschied
Was ist es, das Aritz Aduriz, Cesc Fabregas, Sergio Busquets, Sergio Ramos und Thiago Alcántara glauben lässt, auch in diesem Jahr wieder Europas Krone zu holen? Ganz einfach. Der entscheidende Vorteil des Ex-Ex-Europameisters ist Bier, welches „CruZial“ also so ähnlich wie „crucial“, entscheidend, heißt. Wenn es aber wirklich Bier wäre, was den entscheidenden Vorteil bringt… Na, dann wissen wir ja, wer in diesem Jahr Europameister wird.
Türkei – Motivation auf die emotionale Art
Auch die türkische Mannschaft wird alles geben, um es im Turnier so weit wie möglich zu schaffen. Kickende Jungs auf der Straße, die hinfallen, wieder aufstehen, sich nicht kleinkriegen lassen und davon träumen, irgendwann das Nationaldress zu tragen, die mitfiebernden Menschen, ja das ganze Land ist es wert, zu kämpfen und niemals aufzugeben. Die Kabinen-Brandrede, die an all das erinnert, hat Kapitän Arda Touran bereits gehalten. Und Sponsor Nike war trikotnah dabei.
Portugal – it’s Ronaldo-time (aber nur im Werbespot)
Wie nicht anders zu erwarten, ist der Star der portugiesischen Mannschaft auch ein gern gebuchter Star für die Werbespots rund um die EM. Natürlich wollen wir hier nicht in die altbewährte Schelte des Übersteigerkönigs CR des 7. einstimmen. Auf dem Platz aber braucht es das „Ronaldo + 10“, das von den Brasilianern Europas für dieses Turnier ausgerufen wurde. Nike jedenfalls gönnte sich neben der türkischen Elf auch eine gehörige, fast sechsminütige Portion Cristiano. Und damit nicht genug…
Frankreich – Aller le Blaise
Für den Spot rund um Les Bleus-Star Blaise Matuidi hat der US-Sportartikelanbieter bereits Jahre im Voraus geplant und ganz tief in die Budget-Kiste gegriffen. Seit seinem vierten Lebensjahr wurde der jetzige defensive Mittelfeld-Mann von Kameras begleitet. Von der Zeit als er als kleiner Junge heimlich Fußball schaute und die nigerianische Legende Jay-Jay Okocha bewunderte, über das Kicken mit Jungs in seinem Hood bis zum Jubel für die Equipe Tricolore ist alles (vielleicht auch mit der Hilfe von Schauspielern) festgehalten – und wirkt inspirierend für die nächste Generation.
Schweden – im Volvo auflaufen
Und wer ist in Schweden der (Werbe-)Star? Zlatan Ibrahimović ist zwar das Kind kroatischer und bosnischer Eltern, aber mit dem Auto, das er durch mehr als drei Minuten fährt, hat er eins gemein: beide sind „Made by Sweden“. Und schwedische Power schafft es dank harter Arbeit und durch alle bengalischen Feuer hindurch bis… in den Stadiontunnel.
Während viele Videos durchaus für ein Schmunzeln sorgen, geht es auf dem grünen Duell-Platz wieder zur Sache. Ob auch die Nicht-Fußballfans unter den jubelnden Männern und Frauen diese Verbissenheit nachvollziehen können? Schließlich – so werden sie denken – geht es beim Fußball nicht um Leben und Tod. Und genau hier glänzen sie mit hervorragendem Fußball-Fachwissen. Bereits Bill Shankly, erfolgreicher schottischer Fußballspieler und -trainer, sagte:
„Es gibt Leute, die denken, Fußball sei eine Frage von Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich kann Ihnen versichern, dass es noch sehr viel ernster ist.“
Dem ist nichts hinzuzufügen.