Welche asiatische Kampfsportart passt zu mir?

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Asiatischer Kampfsport ist beliebt © master1305 / Fotolia.com

Kampfsportarten haben nach wie vor ein Imageproblem. Auch wenn die Anmeldezahlen in den Schulen stetig ansteigen, existiert in der breiten Öffentlichkeit ein durch Medien geprägtes, irreführendes Bild: Die einen denken an überzeichnete Kung-Fu-Filme, in denen der Protagonist seine Gegner scharenweise hinwegfegt, andere assoziieren mit Kampfsport steroidal aufgepumpte Hohlköpfe, die stumpf aufeinander einprügeln. Dabei haben eigentlich alle Kampfsportarten zwei Dinge gemeinsam:

  • Respekt vor dem Gegner
  • die kontrollierte Ausübung von sorgfältig erlernten Techniken

Es ist nicht das Ziel, jemanden zu verprügeln, sondern den Gegner kampfunfähig zu machen oder zur Aufgabe zu bringen. Ein klares Regelwerk, Schutzausrüstung, Fairness und Sportgeist sind bei der Ausübung eines Kampfsports essentiell und sorgen dafür, dass sich niemand ernsthaft verletzt.

Power und Koordination – Kampfsport ist nicht gleich Kampfkunst

Zunächst ist es wichtig, den Kampfsport deutlich von Kampfkünsten – wie zum Beispiel Wing Tsun oder Aikido – abzugrenzen: Diese dienen in erster Linie der Selbstverteidigung in Gefahrensituationen und werden nur im äußersten Notfall angewendet. Ein sportlicher Wettstreit ist nicht vorgesehen. Die gelehrten Techniken gelten als ultima ratio und können großen Schaden beim Gegenüber anrichten. Der Unterricht kann je nach Kampfkunst auch philosophische und spirituelle Elemente enthalten.

Beim Kampfsport hingegen steht – wie es der Name schon sagt – vor allem der sportliche Aspekt im Vordergrund. Man trainiert beispielsweise, um in Wettbewerben oder Übungskämpfen (Sparring) anzutreten. Dabei sind vor allem sportliche Fairness und Rücksichtnahme auf die eigene Gesundheit und die des Gegenübers essentiell. Genauso wie bei den Kampfkünsten werden Schlägertypen und Rowdys übrigens schnell vom Training ausgeschlossen. Die Teilnahme an Wettbewerben ist natürlich nicht notwendig – Kampfsporttraining wird auch von Breiten- und Freizeitsportlern betrieben, da es viele positive Auswirkungen auf die körperliche und geistige Fitness hat:

  • Koordinationsfähigkeit
  • Feinmotorik
  • Schnelligkeit
  • Kraftausdauer und Kondition

Die Auswahl an Stilrichtungen ist groß und vielfältig, für jeden ist etwas dabei. Nachfolgend werden die meist verbreiteten Kampfsportarten vorgestellt.

Taekwondo: Schnelle Füße, große Dynamik

Der Name dieser koreanischen Kampfsportart setzt sich aus drei Silben zusammen: Taek (Fuß), Kwon (Faust) und Do (Weg). Der Schüler erlernt nicht nur Schlag- und Tritttechniken, sondern durchläuft auch einen körperlichen und geistigen Reifeprozess. Dazu gehören die sogenannten fünf Säulen: Grundschule, Formenlauf, Bruchtest, Selbstverteidigung und Vollkontakt. Letztere Disziplin wird vor allem von Profis und erfahrenen Sportlern in Wettkämpfen ausgeübt. Ringrichter vergeben dabei für jeden Treffer am Körper des Gegners Punkte, unsportliches Verhalten führt zu Abzügen. Auch ein Sieg durch KO ist möglich. Seit dem Jahr 2000 zählt Vollkontakt-Taekwondo zu den olympischen Disziplinen.

Freizeitsportler, die keine Lust auf Vollkontaktturniere haben, können auch in Leichtkontaktwettkämpfen antreten. Hierbei steht vor allem die saubere und präzise Ausführung der Techniken im Vordergrund, Treffer werden nur angedeutet. Viele Techniken ähneln übrigens dem japanischen Karate, jedoch ist Taekwondo aufgrund des Wettkampfcharakters deutlich schneller und dynamischer und wird vor allem durch Tritte und Fußtechniken geprägt.

In den letzten Jahrzehnten hat sich Taekwondo zu einer Breitensportart entwickelt. Die Techniken sind auch für Kinder oder Senioren adaptierbar und gut zu erlernen. Weltweit gibt es etwa 30 Millionen aktive Sportler in allen Altersklassen.

Vorteile von Taekwondo:

  • Erlernen von Schlag- und Tritttechniken (leicht zu erlernen)
  • präzise Ausführung und Koordination
  • dynamisch und schnell

Karate: Allrounder mit leerer Hand

Karate, die wohl bekannteste aller Kampfsportarten, war bis vor kurzem noch eine reine Kampfkunst. Jahrhunderte bevor Mr. Miyagi im Kino das „Karate Kid“ trainierte, entwickelten japanische Mönche die waffenlosen Techniken der „leeren Hand“ zur Selbstverteidigung, Selbstfindung und Selbsterfahrung. Erst seit kurzem existiert ein festes Regelwerk, das auch die Austragung von Wettkämpfen ermöglicht. Wer jetzt an wilde Handkantenschläge und zerteilte Bretter denkt, liegt falsch: Beim Karate geht es nämlich nicht um Selbstdarstellung, sondern vor allem um Disziplin. Im Training werden Schläge und Tritte kurz vor dem Auftreffen gestoppt, was maximale Körperbeherrschung und eine exzellente Motorik erfordert. Im Wettkampf – dem sogenannten „Kumite“ oder Freikampf – geht es dann auch darum die Treffer am Gegner anzubringen. Kontrolle und Rücksichtnahme stehen jedoch weiterhin im Vordergrund, eine Verletzung des Gegenübers führt zur Disqualifikation.

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Als Kampfsport beliebt: Karate © Vladislav Gajic / Fotolia.com

Auch für Freizeitsportler ist Karate nahezu ideal. Die Tritt-, Schlag- und Blocktechniken treten in einem sehr ausgeglichenen Verhältnis auf und werden in festen Bewegungsfolgen, den „Katas“, in Ruhe eingeübt. Meist agiert der Karateka dabei aus einem Zustand der inneren Gelassenheit und hohen Konzentration. Körperbau und Beweglichkeit spielen zu Beginn eine eher untergeordnete Rolle. Im Training werden viele Entspannungstechniken und Atemübungen praktiziert, die auch zum Stressabbau dienen können und dabei helfen, den hektischen Alltag zu entschleunigen.

Vorteile von Karate:

  • erlernen von Tritt-, Schlag- und Blocktechniken
  • Disziplin und Körperbeherrschung
  • Training der Feinmotorik
  • für jeden Fitnesstyp geeignet: Körperbau und Beweglichkeit anfangs nicht wichtig
  • Training der Konzentration: Sportraining häufig ergänzt durch Entspannungstechniken und Atemübungen

Judo: Der Klügere gibt nach – und gewinnt

Wer nach spektakulären Kicks und Schlägen sucht, wird beim Judo nicht fündig. Zuallererst lernt man hier Zurückhaltung und vor allem: richtiges Hinfallen. Das Einüben einer grundlegenden Fallschule ist essentiell beim „sanften Weg“ des Judo und dient der Vermeidung von Verletzungen. Spätestens in den Wettkämpfen wird nämlich gehebelt und geworfen was das Zeug hält. Dabei prescht ein erfahrener Judoka nicht ungestüm nach vorne, sondern agiert defensiv und wendet die Kraft des Gegners durch sorgfältig einstudierte Techniken gegen diesen. Ziel ist es den Gegner zu Boden zu bringen, ihn dort zu kontrollieren und falls nötig, durch Würger oder Hebel zur Aufgabe zu bringen. Die verwendeten Techniken sind sehr effizient und erzielen idealerweise mit minimalem Kraftaufwand eine maximale Wirkung.

Judo ist eine ideale Einstiegssportart, da Beweglichkeit und Koordinationsfähigkeit ohne intensiven Krafteinsatz geschult werden. Weil keine Schläge und Tritte zugelassen sind, ist die Verletzungsgefahr eher gering. Somit können sich auch Anfänger bereits nach kurzer Eingewöhnungszeit unter kontrollierten Bedingungen im Zweikampf miteinander messen.

Vorteile von Judo:

  • Defensiver Sport: Erlernen des richtigen Hinfallens, Abwenden der Kraft des Gegners
  • Erlernen defensiver Techniken
  • Beweglichkeit und Koordination
  • minimaler Kraftaufwand

Kickboxen: Fernost trifft klassische Boxschule

Das moderne Kickboxen zählt zu den jüngsten Kampfsportarten. 1974 führte man unter dem Namen „All Style Karate“ erstmals fernöstliche Kampftechniken wie Karate, Taekwondo oder Kung-Fu mit dem klassischen Boxen zusammen, um sportliche Wettkämpfe austragen zu können. Nach und nach entwickelten sich daraus verschiedene Verbände und Regelwerke. Heutzutage kann man in sechs Disziplinen antreten: Point Fighting, Leicht- und Vollkontakt, Lowkick und K1-Style. Im Gegensatz zu den traditionell geprägten Kampfsportarten, folgt das Kickboxen keiner festen Stilrichtung. Es lebt von der Abwechslung und der freien Kombination verschiedener Schlag- und Tritttechniken aus gemischten Stilrichtungen.

Kraft, Schnelligkeit und Kondition werden dabei gleichermaßen geschult. Die Intensität im Training ist meist hoch, kann jedoch auch an verschiedene Fitnessniveaus angepasst werden. Dies macht den Sport sowohl für Wettkämpfer, als auch im Breitensport attraktiv. Kaum eine andere Sportart kann ein so effizientes Ganzkörper-Workout bieten.

Vorteile von Kickboxen:

  • Kraft und Ausdauer (Training kann an verschiedene Fitnessniveaus angepasst werden)
  • Schnelligkeit
  • Ganzkörper-Workout
  • Einsatz verschiedener Techniken

Muay Thai: Die hohe Wissenschaft der acht Gliedmaßen

Das Muay Thai oder auch Thaiboxen ähnelt auf den ersten Blick stark dem zuvor genannten Kickboxen. Es gibt jedoch einige essentielle Unterschiede: In der thailändischen Kampfsportart sind neben Schlägen und Tritten, auch Ellbogen- und Kniestöße im Technikrepertoire enthalten. Somit stehen dem Ausübenden neben den vier üblichen Extremitäten, noch vier weitere Angriffsmöglichkeiten zur Verfügung. Darum wird Muay Thai auch „die Wissenschaft der acht Gliedmaßen“ genannt. Die Tritte treffen meist nicht mit dem Fuß auf, sondern werden mit dem Schienbein geschlagen. Zudem ist es erlaubt den Gegner zu packen („Clinch“) und aus kürzester Distanz weiter anzugreifen.

All diese Faktoren machen Muay Thai zu einer sehr effektiven, kraftvollen Sportart, die aus vielfältigen Motivationsgründen ausgeübt wird: Als Fitnesstraining, zur Selbstverteidigung oder auch mit dem Ziel, an sportlichen Wettkämpfen teilzunehmen. Letzteres kommt aber nur für echte Profis in Frage, da gerade Ellbogen- und Kniestöße leicht zu Verletzungen führen. Im normalen Training und auch im Sparring ist die Intensität natürlich so vermindert, dass sich keiner der Teilnehmer verletzt. Dicke Boxhandschuhe, Mund- und Tiefschutz, sowie Schienbeinschützer sind für sowohl für Anfänger als auch Fortgeschrittene Pflicht. Wer sich mehr für den kulturellen Hintergrund der Sportart interessiert, kann in manchen Schulen auch das traditionelle Muay Thai Boran trainieren.

Vorteile von Muay Thai:

  • Einsatz von Schlag- und Tritttechniken sowie Ellbogen- und Kniestößen
  • offensiver Sport mit viel Körperkontakt
  • Kraftausdauer und Schnelligkeit

Den richtigen Kampfsport finden

Welche Sportart ist für mich geeignet? Und woran erkenne ich eine gute Kampfsportschule?Auf diese Fragen gibt es keine allgemeingültigen Antworten. Viele Kampfsportler entdecken im Laufe ihrer Karriere verschiedene Disziplinen für sich und trainieren „querbeet“. Andere wiederrum verschreiben sich einer Stilrichtung, mit dem Ziel, diese zu meistern – Stichwort: Schwarzer Gürtel. Im Endeffekt kommt es aber vor allem darauf an, dass das Training Spaß macht und man sich in der jeweiligen Schule wohlfühlt.

Am besten absolviert man Probetrainings in mehreren Gyms und bei verschiedenen Sportarten und entscheidet sich dann im Anschluss. In einem guten Studio führen die Trainer ihre Schüler langsam an die entsprechenden Techniken heran und gehen individuell auf Stärken und Schwächen des Trainierenden ein. Probetrainings sind in der Regel gratis. Eher unseriös wirken Schulen mit übergroßen Trainingsgruppen. Letztendlich sollte vor allem das Gefühl entscheiden – schließlich kommt es gerade beim Kampfsport auf Vertrauen und ein gutes zwischenmenschliches Verhältnis an.